Vorweggenommene Werbungskosten auch bei anschließender Auslandstätigkeit möglich

Jetzt kommt ein Urteil nach dem anderen bezüglich der Absetzbarkeit von vorweggenommenen Kosten für eine spätere Berufsausübung:

LeitsatzDas Abzugsverbot für Kosten einer Erstausbildung steht der Abziehbarkeit beruflich veranlasster Kosten für ein Erststudium nicht entgegen. Dies gilt auch dann, wenn die Berufstätigkeit möglicherweise später im Ausland ausgeübt wird (BFH, Urteil v. 28.7.2011 – VI R 5/10; veröffentlicht am 7.9.2011).

Übersetzung: Es ist möglich die Kosten für ein Erststudium zur Erlangung einer beruflichen Qualifikation als vorweggenommene Werbungskosten geltend zu machen, auch wenn die berufliche Tätigkeit danach im Ausland ausgeübt wird.

Im Streitfall wurde in Deutschland eine Pilotenausbildung durchgeführt, danach erfolgte vorübergehend eine Beschäftigung bei einer türkischen Airline. Zwei Jahre nach der Ausbildung erfolgte die Beschäftigung bei einer deutschen Airline. Der Kläger machte die vorweggenommenen Erstausbildungskosten im Rahmen eines Verlustvortrages geltend.

Das Finanzamt sagte nein, der BFH sagte ja.

Die Kosten wurden zur Erlangung der beruflichen Qualifikation als Pilot aufgewendet und nicht zur Erlangung eines Arbeitsplatzes bei einem türkischen Arbeitgeber. Ein kleiner aber feiner Unterschied.

Quelle: BFH online (NWB Datenbank)

 

Photovoltaik aktuelle Meinung der Finanzverwaltung / laufende Rechtsverfahren

Erneuerbare Energien, Klimawandel, CO2 und vieles mehr ist seit Jahren in aller Munde. Zur Zeit mehr denn je.

Ich finde es gut, wenn möglichst viele etwas gutes für unsere Umwelt tun und in den erneuerbaren Energien investieren. Auch ich habe eine Solarstromanalge und freue mich immer auf das sich drehende Rädchen (mit Einnahmen) ohne dass ich weiter dafür aktiv tätig sein muss.

Die Finanzverwaltung geht in einigen Fallkonstellationen allerdings mal wieder auf Konfrontationskurs. Es sprengt den Rahmen, hier alles aufzuführen. Im Laufe der Zeit wird sich auf meiner Blogseite sicherlich etwas dazu ansammeln. Daher zum Einstieg:

Urteil 1: Wird eine noch nicht erneuerungsbedürftige, jedoch asbesthaltige Dacheindeckung allein deshalb erneuert, damit auf dem Dach eine Photovoltaikanlage installiert werden darf, so sind die Vorsteuern aus der Neueindeckung des Daches insoweit abzugsfähig, als diese aus rechtlichen Gründen für die Installation der Photovoltaikanlage notwendig wurde (FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 10.02.2011 – 6 K 2607/08, Revision anhängig)

Urteil 2: Die Kosten einer Dachsanierung sind nach Ansicht des Hessischen Finanzgerichts nicht unmittelbar durch die Installation und den Betrieb einer Fotovoltaikanlage verursacht und demzufolge nicht Betriebsausgaben im Rahmen des Gewerbebetriebs „Fotovoltaikanlage“ (FG Hessen, Urteil v. 21.1.2011 – 11 K 2735/08; Entscheidung ist rechtskräftig).
Eine Meinung der Finanzverwaltung: Derzeit pachten Investoren vermehrt von Gebäudeeigentümern Dächer an, um darauf Photovoltaikanlagen zu errichten und zu betreiben. Wie diese Vorgänge umsatzsteuerlich zu beurteilen sind, erläutert das Bayerische Landesamt für Steuern in einer aktuellen Verfügung (BayLfSt, Verfügung v. 17.8.2011 – S 7168.1.1-4/6 St 33).
Hier der volle Wortlaut der Verfügung als PDF-Dokument:

 

Böse Steuerfalle bei Lebensversicherungen

Eine böse Falle beschert uns das rechtskräftige Urteil des FG Hessen vom 16.06.2011 (AZ 11 K 2096/09).

Wir alle kennen die Regelung, dass die Auszahlung von Lebensversicherungen nach Ablauf von 12 Jahren steuerfrei sind. Das dies nicht immer gilt, muss wurde uns mit dem FG-Urteil klar gemacht.

Tenor: Eine Lebensversicherung, die im Jahr 1993 durch eine Einmaleinzahlung abgeschlossen wurde ist nach regulärem Ablauf (hier 2006) in Höhe des Zinsanteiles steuerpflichtig, wenn sie als Kapitalabfindung in einem Betrag ausgezahlt wird ! Laut Gericht gehört eine LV gegen Einmalzahlung nicht zu den begünstigten Lebensversicherungen.

Wären die Beiträge regelmäßig gezahlt worden, wäre die Versicherung begünstigt gewesen. (Quelle: NWB Datenbank)

Dumm gelaufen, wäre wohl besser mit laufenden monatlichen Rentenzahlungen ausgezahlt worden.

 

Vereinfachung im Reisekostenrecht zur regelmäßigen Arbeitsstätte

Eines finde ich gut. Auch der BFH prüft seine eigene Rechtsstandpunkte und korrigiert sie gegebenefalls auch.

Mit seiner Änderung der bisherigen Rechtsprechung hat der BFH entschieden, dass ein Arbeitnehmer nur maximal eine regelmäßige Arbeitsstätte innehaben kann. Damit wird das steuerliche Reisekostenrecht erheblich vereinfacht (BFH, Urteile v. 9.6.2011 – VI R 55/10, VI R 36/10 und VI R 58/09; jeweils veröffentlicht am 24.8.2011). 

Betroffen sind zum Beispiel Bezirksfilialleiter, die mehr oder weniger regelmäßig diverse Filialen anfahren müssen. Bisher galt eine komplizierte Berechnung, insbesondere, wenn auch noch ein Firmenwagen zur Verfügung stand. Jetzt entfällt für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Finanzamt die Abrechnung, Formalitäten usw. Jetzt wären alle diese „Filial“-Fahrten nach Dienstreisegrundsätzen abzurechnen.

Für Details fragen Sie Ihren Steuerberater.

 

Private Umzugskosten können steuerlich absetzbar sein

Allgemein bekannt ist, dass beruflich oder betrieblich bedingte Umzugskosten unter bestimmten Voraussetzungen absetzbar sind.

Wussten Sie auch, dass rein privat veranlasste Umzugskosten auch steuerlich absetzbar sein können ?

Der Aufwand kann im Rahmen von haushaltsnahen Dienstleistungen nach § 35a EStG in Höhe von 20 % der in Rechnung gestellten Arbeitsleistung sowie mit Fahrt- und Maschinenkosten mit maximal 4.000 EUR pro Jahr (20% = 800 EUR) direkt von der Steuerschuld abgezogen werden (BMF, Schreiben v. 15.2.2010, BStBl 2010 I S. 140, Tz. 19). Das gilt bei einem privat veranlassten Umzug, durch den der Haushalt in eine andere Wohnung oder ein anderes Haus innerhalb des EU- und EWR-Raums verlegt wird, also auch für den Umzug in die Finca auf Mallorca. (Quelle: Haufe.Steuern.de)

 

Meinung des Bundesfinanzministers zum BFH-Urteil Ausbildungskosten

Sie erinnern sich an das Urteil vom 28.07.2011 ? Klar, wissen Sie vielleicht von mir. Wie so oft beweist sich die Spitze der Verwaltung als mehr oder weniger schlechter Verlierer.

Passt dem Bundesfinanzminister ein Urteil des BFH nicht, gibt es einen sogenannte Nichtanwendungserlass (bedeutet, dass ein Urteil über den entschiedenen Fall nicht angewendet werden darf), oder wie jetzt publiziert beabsichtigt er ganz schnell das Gesetz zu ändern.

Die Finanzbehörden sollen das Urteil sehr restiktiv anwenden. Verständlich ist, dass man als Steuerpflichtiger den Veranlassungszusammenhang nachweisen muss. So sagt doch das Urteil. Warum so viel aufhebens ? Doch das BMF sattelt lieber drauf:

Zitat des BMF Dr. Schäuble aus der Welt am Sonntag:  „Ich bin für eine Gesetzesänderung. Wir brauchen eine klare Linie. Als ich Steuerrecht gelernt habe, war klar, dass die Erstausbildung nicht als Werbungskosten oder Sonderausgabe anerkannt wird. Theoretisch könnte man ja auch behaupten, dass für Lebensmittel getätigte Ausgaben Werbungskosten sind: Man muss ja essen, um zu studieren oder arbeiten zu können“.

Leute ! Ich habe in meiner Ausbildung und von Finanzbeamten gelernt, dass man für die Zukunft kein Recht auf vormals (meist versehentlich) erhaltenes Unrecht hat. Das muss vorbehaltlos auch im Umkehrschluss für die Finanzverwaltung gelten.

Sollten Sie davon betroffen werden, heißt es immer wehren, wehren, wehren …. .

 

Interpretation BFH-Urteil zu der Abziehbarkeit von Kosten des Erststudiums

Der BFH hat mit den am 17.08.2011 veröffentlichten Urteilen entschieden, dass Kosten einer Erstausbildung für ein Erststudium als Werbungskosten oder vorweggenommene Betriebsasugaben abgezogen werden können. Dies gilt auch, wenn die Ausbildung unmittelbar im Anschluss an eine Schulausbildung aufgenommen wurde (BFH, Urteile v. 28.7.2011 – VI R 38/10 und VI R 7/10).

(Quelle BFH online/NWB)

Übersetzt heißt das: Allgemeine Bildungsaufwendungen, die in keinem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zu einer gegenwärtigen oder künftigen beruflichen Tätigkeit stehen, sind wie bisher lediglich als Sonderausgaben abziehbar. Besteht aber ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen diesen Aufwendungen und einer künftigen beruflichen Tätigkeit, sind die Aufwendungen als vorweggenommene Betriebsausgaben- oder Werbungskosten absetzbar.

Praktische Auswirkungen: Im Falle der Zuordnung zu den Sonderausgaben sind Aufwendungen nur bis zu maximal 4.000 Euro pro Jahr abzugsfähig. Hierfür gibt es keinen Verlustrücktrag- oder Verlustvortrag. Wirken sie sich in einem Jahr nicht aus, gehen sie verloren. Zum Beispiel: Ein Auszubildender hat mittlere Reife und holt nach der Ausbildung sein Abitur (oder Fachabitur) in Vollzeitunterricht von 09/2010 bis 03/2012 nach, um danach (ab 09/2012) fachbezogen zu studieren. Keine Einkünfte in 2011 aber Aufwendungen für Schule in Höhe von 5.000 Euro. Folge: Sonderausgabenabzug 4.000 Euro maximal möglich, aber effektiv keine Steuerminderung, da keine Einkünfte.

Abwandlung Es ist ein Abiturient oder Fachabiturient, der seine Ausbildung zum Mechatroniker 08/2010 abgeschlossen hat und von 09/2010 bis 03/2014 ein Maschinenbaustudium anschließt, um ab 04/2014 als Maschinenbauingenieur als Angestellter tätig zu werden. Aufwand 2011 = 5.000 Euro = voll abzugsfähig !! und negative Werbungskosten. Wenn keine weiteren verrechenbare positive Einkünfte 2011 vorhanden sind, gibt es einen Verlustvortrag von 5.000 Euro, der mit positiven Arbeitseinkünften ab 2014 verrechnet werden kann. Das Gleiche gilt auch für eine Ausbildung für eine künftige Selbständigkeit.

 

Förderung der Gebäudesanierung endgültig vom Tisch ??

Gebäudesanierung: Wir erinnern uns !

Es war vorgesehen, dass Hauseigentümer bis zu zehn Prozent der Sanierungskosten von der Steuer entweder als Werbungskosten oder als Sonderausgaben absetzen können. Der Bundesrat hatte die Pläne zur Gebäudesanierung im Juli abgelehnt. Nunmehr  hat laut FAZ die Regierung nicht mehr vor, dazu den Vermittlungsausschuss anzurufen.  Die Steuerausfälle wollten die Länder vom Bund erstattet bekommen, was dieser aber ablehnt. Laut FAZ gefährdet der Streit die deutschen Ziele zur Energieeinsparung. Zwar werde nun möglicherweise das Förderprogramm der staatseigenen KfW-Bank zur Gebäudesanierung aufgestockt. Das reiche aber nicht, um die angestrebte Verbesserung der Energieeffizienz zu erreichen. (Quelle dapd)

Mein Kommentar: Endlich hatte sich die Regierung zur klaren Förderung von Energiesparmaßnahmen durchgerungen, schießen die Länder quer (egal welcher Colleur)! Jeder denkt nur an sich, aber nicht an die Umwelt. Und so ganz nebenbei: Wer hätte die Maßnahmen durchgeführt ? Meistens doch lokale Unternehmen, damit wären doch weiterhin Arbeitsplätze, Gewerbesteueraufkommen, Konsum usw. gesichert. Profitieren die Länder nicht davon ??

 

Neu ab 2010: auch die Kranken- und Pflegeversicherung für Ihre Kinder kann absetzbar sein

Die OFD Münster hat eine Kurzinfo veröffentlicht, unter welchem Voraussetzungen die Finanzverwaltung die Absetzbarkeit der Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung von Kindern bei den Eltern als Sonderausgaben abgezogen werden können. Eine Voraussetzung: die Eltern tragen die Kosten im Rahmen ihrer Unterhaltsverpflichtung.

Bisher ist ein steuerlicher Ansatz nach Finanzamtsmeinung nur möglich, wenn die Eltern durch die Beiträge des Kindes tatsächlich wirtschaftlich belastet sind. Daher müssen die Eltern die Beiträge direkt selbst zahlen oder ihrem Kind erstatten.

Der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine e.V. (BDL) tritt dieser Auffassung entgegen und ist der Ansicht, dass Eltern die Versicherungsbeiträge ihres Kindes bereits dann tragen, wenn sie ihrer Unterhaltsverpflichtung nachkommen.

Also: Prüfen, ob ein Einspruch Sinn macht !

OFD Münster, Kurzinformation Einkommensteuer 14/2011 v. 25.5.2011;  BDL, Pressemitteilung Nr. 12 v. 2.5.2011

 

Zinsen nach Verlustverkäufen von Vermietungsobjekten doch absetzbar ?

Nachträgliche Zinsen bei Verlustverkäufen von Grundstücken werden vom BFH selber in Zweifel gestellt. Die Finanzgerichte haben Zweifel an ihrer eigenen Rechtsprechung bekommen. Na Bravo ! Was passiert mit alten Urteilen ??

Das FG Düsseldorf hat ernstliche Zweifel, ob nachträgliche Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung weiterhin nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

Wird ein Vermietungsobjekt verkauft und der Verkaufserlös reicht nicht aus um die Restverbindlichkeit abzulösen, blieben Sie nach bisheriger BFH-Rechtsprechung auf den Restschulden, respektive kein Schuldzinsabzug mehr, sitzen.

Der Bundesfinanzhof hat zwischenzeitlich die Revision in einem entsprechenden Hauptsacheverfahren zugelassen hat und sowohl in der Literatur als auch von Richtern des Bundesfinanzhofs Bedenken gegen die Nichtberücksichtigung von nachträglichen Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geäußert worden sind.

FG Düsseldorf, Beschluss v. 30.5.2011, 9 V 1474/11 A (F)